Allgemein, Semra-Ertan-Platz

City-Ausschuss verweigert einen Semra-Ertan-Platz

Pressemitteilung

CDU, SPD und FDP haben einen Antrag im City-Ausschuss der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte auf Schaffung eines Semra-Ertan-Platzes abgelehnt. Erst wurde das Anliegen zur Erinnerung an die Dichterin Semra Ertan monatelang in interne Beratungen verschoben, die weitere Besprechung immer wieder kurzfristig vertagt, im Februar hat die Regierungskoalition dem Antrag nun eine generelle Absage ereilt. Ihre Begründung: Semra Ertan hat sich in unmittelbarer Nähe im Mai 1982 das Leben genommen, deswegen könnte man ihr keinen Platz widmen, außerdem würde es es Nachahmer:innen zu einer ähnlichen Tat „ermutigen“.

Gedenkinitiative und Familienangehörige von Semra Ertan fordern gemeinsam mit Anwohner:innen die Errichtung eines Semra-Ertan-Platzes auf St. Pauli

300 Anwohner:innen und viele Gewerbetreibende unterstützen bereits namentlich die Forderung der Initative und der Familienangehörigen ein Lern- und Erinnerungsort mit dem Namen Semra Ertans auf St. Pauli zu schaffen. Die Auseinandersetzung mit ihrer Person, ihren Erfahrungen und Erlebnissen als Dichterin, Arbeiterin und Migrantin soll solidarisches Handeln, Erinnern und Nachdenken befördern. Die offizielle Platzbenennung ist ein wichtiger Schritt, das Leben und das Werk dieser bedeutenden Person im kollektiven Gedächtnis der Stadt Hamburg zu veranken.

Semra Ertan ist längst in der Gesellschaft angekommen und zu einer wichtigen Stimme auch auf St. Pauli geworden.

Semra Ertan steht für mehrere Generationen von migrantisierten und rassifizierten Menschen und Arbeiter:innen, als Vorreiterin im Kampf gegen Rassismus und rechte Gewalt.

Ihre Gedichte sind vielfach ausgezeichnet

In ihren Gedichten hat Semra Ertan Worte gefunden, die vorherrschende Ungerechtigkeit auszudrücken. Der 2020 veröffentlichte Gedichtband „Mein Name ist Ausländer | Benim Adım Yabancı“ wurde vielfach ausgezeichnet.

Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung würdigte ihn mit einer Lyrikempfehlung für den deutsche Buchhandel: „Das Politische und das Schöne, der Kampf um Teilhabe wie um Ästhetik fielen bei ihr immer wieder in eins.“ Die Jury der Alfred Döblin Medaille beschreibt ihr Werk als „ein Akt des Aufbruchs in das Eigene, des Widerstands. Semra Ertan erarbeitet eine Poetik der Insuffizienz, die den angeblichen Makel des angetanen Außenseitertums in Stolz verwandelt. Ihre Gedichte sind lehrhaft und lernbegierig, dokumentarisch und träumerisch. Sie erschreibt sich ›das erwünschte Leben‹“.

Initiative und Familienangehörige kämpfen weiter

Trotz der Ablehnung des City-Ausschusses will sich die Initative und die Familienangehörigen weiter für die Schaffung eines offiziellen Lern- und Erinnerungsortes für Semra Ertan einsetzen. Die Vorbereitung zum 42. Gedenktag an Semra Ertan im Mai sind bereits angelaufen.

– Initiative in Gedenken an Semra Ertan, Hamburg, 1. März 2024